Rebmann, Ricardo

Geschätzte Anzahl, geschätzte Fähigkeiten, geschätzte Angestellte? – Validierung einer Schätzaufgabe und Implikationen für die Nutzung in der Eignungsdiagnostik.

Bachelorarbeit, 12. Juli 2018

Wenn Menschen ihre Umwelt wahrnehmen, formen sie mentale Repräsentationen relevanter Eigenschaften, so auch von der Anzahl einer Menge von Objekten. Man geht von der Existenz eines zugrundeliegenden, angeborenen Systems aus, das Menschen und Tiere dazu befähigt, eine Anzahl zu schätzen, zu vergleichen und einfache Rechenoperationen mit ihr durchzuführen. Die Genauigkeit dieses Systems, das auch als Approximate Number System (ANS) bezeichnet wird, lässt sich unter anderem mit Hilfe einer Dot-Comparison Task (DCT) ermitteln, bei der Personen zwei Punktewolken vergleichen, und die zahlreichere von beiden identifizieren müssen. Es häufen sich Studien, in denen ein Zusammenhang zwischen der Genauigkeit des ANS und mathematischen Fähigkeiten gefunden wird. Vor allem bei Kindern werden konsistent Zusammenhänge berichtet; bei Erwachsenen ist die Befundlage weniger eindeutig. In der vorliegenden Arbeit wurde anhand einer studentischen Stichprobe (N=29) die Leistung in der DCT mit der Leistung und Selbsteinschätzung in numerischen Aufgaben des Intelligenz-Struktur-Test 2000 R, der Abschlussnote des höchsten Schulabschlusses und der Abschlussnote im Fach Mathematik korreliert, um Rückschlüsse über die potentielle Nutzbarkeit der DCT im eignungsdiagnostischen Kontext zu ziehen. Die ermittelten Korrelationen unterscheiden sich in ihrer Richtung und Stärke, erweisen sich jedoch durchweg als nicht signifikant. Es werden verschiedene Erklärungen für die unerwarteten Befunde dargestellt. Bevor eine eignungsdiagnostische Nutzung der DCT vorstellbar ist, bedarf es zunächst konsistenter Korrelationen zwischen der Genauigkeit des ANS und beruflich relevanten mathematischen Fähigkeiten sowie einem besseren Verständnis der Mechanismen, die dem Zusammenhang zugrunde liegen.

When perceiving their environment, humans form mental representations of certain relevant aspects, including the numerosity of a group of objects. It is presumed, that an innate system enables humans and animals to approximate and to compare numerosities, and use them to perform simple calculations. A persons’ acuity of this system, which is often referred to as approximate number system (ANS), can be determined using a dot-comparison tasks (DCT), which contains clouds of dots that have to be compared in regards of numerosity. A growing number of studies suggest a relationship among people’s ANS-acuity and mathematical abilities. Concerning children, moderate yet stable correlations are reported. Investigations of adults have led to more mixed results. In the present work, university students’ (N=29) scores on a DCT were correlated with their performance and self-evaluation at the Intelligence Structure Test 2000 R, the final grade of their highest school qualification and their final grade in mathematics class to draw a conclusion on the potential use of the DCT in aptitude diagnostics. Calculated correlations differ in strength and direction, but all turned out to be non-significant. Plausible explanations of the unexpected results are given. Before the DCT can arguably be used in aptitude diagnostics, more consistent correlations between ANS-acuity and job-relevant mathematical abilities are needed, as well as a better understanding of mechanisms underlying this relation.

Recker, Markus

Reliabilitätsmessung einer Dot Comparison Task in der haptischen Modalität

Masterarbeit, 2. November 2020

Das Approximate Number System (ANS) ist ein theoretisiertes kognitives System beim Men-schen und bei Tieren, welches der non-verbalen und ungefähren Repräsentation von Men-gen von Objekten in der Umwelt dient. Das ANS ermöglicht es, Numerositäten abzuschätzen und zu vergleichen. Die Numerosität bezeichnet die Anzahl der Elemente einer Menge. Eine häufig verwendete Experimentalaufgabe zur Messung der individuellen Genauigkeit des ANS stellt die Dot Comparison Task (DCT) dar. Bei der DCT müssen pro Durchgang zwei Punktewolken abgeschätzt und verglichen werden. Varianten der DCT in anderen Sinnesmo-dalitäten als der visuellen sind selten, obwohl die ANS-Theorie eine Modalitätsunabhängig-keit der Schätz- und Vergleichsleistungen postuliert. In dieser Studie wurde daher eine neue Variante der DCT in der haptischen Modalität zusammen mit einer visuellen DCT anhand von N=30 Studierenden zu zwei Messzeitpunkten untersucht. Primäres Ziel dieser Arbeit war es, die Retest- und Split-Half-Reliabilität der neuen haptischen DCT zu untersuchen. Hierbei wurde an vorherige Studien angeknüpft, welche teils deutliche Unterschiede bei der Reliabili-tät von visuellen DCTs fanden und entsprechende Einflussfaktoren identifizierten. Diese letz-teren Arbeiten waren zudem durch die heterogenen Befunde aus Studien motiviert, in denen der Zusammenhang des ANS mit formalen mathematischen Fähigkeiten untersucht wurde. Für die hier durchgeführte haptische DCT wurden insgesamt inakzeptabel niedrige Retest- und Split-Half-Reliabilitäten ermittelt, während die visuelle DCT akzeptable Reliabilitäten auf-wies. Die Implikationen dieser Befunde für den Einsatz von haptischen DCTs in zukünftigen Studien werden diskutiert, insbesondere im Kontext der angenommenen Modalitätsunabhän-gigkeit des ANS.

The Approximate Number System (ANS) is a theorized cognitive system in humans and other animals, which enables the non-verbal and approximate representation of sets of ob-jects in the environment. The ANS makes it possible for people to estimate and compare nu-merosities, where “numerosity“ refers to the total number of elements in a set. A commonly employed task to measure individual ANS acuity is the Dot Comparison Task (DCT). In the DCT two sets of dots are presented each trial, which have to be estimated and compared. Versions of the DCT in sensory modalitites other than the visual modality are rare, even though ANS theory assumes that approximate numerical abilities are modality-independent. Therefore, we examined a new haptic version of the DCT along with the visual version in a student sample of N=30 on two occasions. Our primay goal was to assess the Retest- and Split-Half-reliability of the new haptic version of the DCT. We followed the lead of prior stu-dies, which demonstrated substantial differences between the reliabilities of visual DCTs. These latter studies were motivated in part by inconsistent findings regarding the association between the ANS and formal mathematical abilities. Overall, we found unacceptably low Re-test- and Split-Half-reliabilities for the new haptic DCT, while the visual DCT demonstrated acceptable reliabilities. Implications of these results for the use of haptic versions of the DCT in future studies are discussed, especially in the context of the assumed modality indepen-dence of the ANS.

Stricker, Luisa

Mental Imagery und geschätzte Nummerositäten – Die Rolle von räumlichen Anordnungshinweisen bei einer cross-modalen Schätzaufgabe

Bachelorarbeit, 20. Februar 2021

Die Approximate Number System (ANS) Theorie beschreibt ein angeborenes System, um Numerosititäten zu repräsentieren. Die Numerosität bezeichnet die Anzahl der Elemente einer Menge, beispielsweise die Punkte in einer Punktewolke. Laut ANS Theorie sind diese Repräsentationen abstrakt, d.h. unabhängig von Wahrnehmungshinweisen. Wahrnehmungshinweise sind die physikalischen Eigenschaften einer Menge, wie zum Beispiel die Anordnung der Punkte. Obwohl bereits gezeigt wurde, dass visuelle Wahrnehmungshinweise Einfluss auf Schätzverhalten haben wird trotzdem argumentiert, dass ANS Repräsentationen abstrakt sind, da diese auch über verschiedene Modalitäten hinweg miteinander verglichen werden können. Dies wird nur als möglich erachtet, wenn auf gemeinsame abstrakte Repräsentationen zugegriffen werden kann. Um herauszufordern, dass Corssmodalität ein Beweis für die Abstraktheit von ANS Repräsentationen ist, wurde in diesem Experiment erst eine Numerosität haptisch präsentiert, folgend sollte aus zwei visuell präsentierten Punktewolken, die mit derselben Anzahl rausgesucht werden. Probanden (N=31) waren signifikant besser darin die Aufgabe zu lösen, wenn die räumliche Anordnung der Elemente des haptisch präsentierten Stimulus identisch zu der Anordnung der Punkte im korrekten visuellen Stimulus war. Dies spricht gegen abstrakte ANS Repräsentationen. Da durch haptische Exploration von Objekten mental visuelle Bilder (mental imagery) erzeugt werden können wurde vermutet, dass diese Fähigkeit moderiert, wie gut der Wahrnehmungshinweis über die Modalitäten hinweg genutzt werden kann. Dies konnte nicht gezeigt werden.

The Approximate Number System (ANS) Theory describes an innate system specialized in representing numerosity. Numerosity refers to the number of elements in a set, for example, dots in a dot array. According to ANS Theory, these representations are abstract, i.e., independent of sensory properties. Sensory properties are the physical properties of a set, such as the arrangement of the dots. Although it has already been shown that visual sensory properties influence estimation behavior, it is still argued that ANS representations are abstract because they can be compared across modalities. This is considered possible only if common abstract representations can be accessed. We aimed at challenging that cross-modality is evidence for the abstractness of ANS representations. First subjects haptically explored a set. Then, two dot arrays were visually presented, out of which the one with the same numerosity had to be selected. Subjects (N=31) were significantly better at solving the task when the spatial arrangement of the elements of the haptically presented stimulus was identical to the dots‘ arrangement in the correct visual stimulus. This argues against abstract ANS representations. Because mental visual imagery of objects can be generated through haptically exploring it, it has been hypothesized that this ability moderates how well the sensory cue can be used across modalities. This could not be shown.

Ziegler, Marco Carlo

Zur Reliabilität der gemessenen Genauigkeit des „Approximate Number System“ in Abhängigkeit der Anzahl der durchgeführten Experimentaldurchgänge.

Masterarbeit, 25. Juli 2018

Das Approximate Number System (ANS) gilt als ein angeborenes Verarbeitungssystem, das es Menschen ermöglicht, eine Anzahl von Entitäten zu repräsentieren, deren Anzahl zu schätzen und zu vergleichen ohne deren genaue Anzahl zu kennen. Die Genauigkeit des ANS einer Person wird häufig mithilfe eines Dot-Comparison-Task (DCT) gemessen, in dem eine Person zwei Punktewolken vergleicht und einschätzt, welcher der Punktewolken mehr Punkte enthält. Einigen Studien zufolge steht das ANS im Zusammenhang mit formalen mathematischen Fähigkeiten. Die Befundlage zur Assoziation zwischen dem ANS und mathematischer Fähigkeiten ist allerdings heterogen. Dies liegt gegebenenfalls daran, dass verschiedene Forschergruppen unterschiedliche Untersuchungsparadigmen in den DCTs anwenden und zusätzlich unterschiedliche Maße zu deren Auswertung heranziehen. Mit dieser Arbeit möchten wir dazu beitragen, zu klären, welche Art der Messung für die ANS-Forschung unter dem Gesichtspunkt der Reliabilität am besten geeignet ist. Wir knüpfen damit an Untersuchungen an, die sich speziell mit der Methodik der Messung des ANS befassen. Konkret untersuchen wir erstmalig systematisch die Test-Retestreliabilität/-en einer aus einem paired DCT abgeleiteten Messung in Abhängigkeit der Anzahl der Experimentaldurchgänge. Damit wollen wir klären, wie viele Durchgänge eine Messung beinhalten sollte, um ein verlässliches Maß für das Schätzvermögen einer Person zu erhalten. Wir nutzen hierfür eine Sampling-Methode, die es uns erlaubt, unterschiedliche Messszenarien hinsichtlich der Anzahl der Durchgänge an einer Stichprobe zu simulieren und deren Reliabilität/-en zu schätzen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine relativ hohe Anzahl an Experimentaldurchgängen von über 600 Trials administriert werden sollte, um eine zufriedenstellende Reliabilität zu gewährleisten. Auf eine geringere Anzahl an administrierten Trials sollte aufgrund mangelnder Reliabilität verzichtet werden. Aufgrund der Ergebnisse leiten wir weitere Hinweise auf die zukünftige Praxis der ANS-Messungen ab.

The Approximate Number System (ANS) is assumed to be an innate cognitive system that allows humans to encode, estimate and operate with numerosity without serially counting. The ANS acuity is often measured by Dot-Comparison-Tasks (DCT). In this kind of task people compare numerosity that gets presented in two separate dot patterns. People must choose which one of the presented patterns contains the larger numerosity. According to different publications the ANS acuity is associated with formal math-achievement. However, different results occured in the field. We think that this is in part due to slightly different DCT measurements and the usage of different dependent variables. In this study we like to investigate the general reliability of a specific DCT, which we assume to be suitable for measuring ANS acuity to help improving the practice of ANS measurement. We tie on former ANS reliability research. We investigate, for the first time, systematically the test-retest reliability of a paired DCT due to the administration of conducted trials. We like to answer the question how many trials are necessary to obtain suitable reliability in a paired DCT. We use a sampling technique, which allows us to simulate different outcomes of reliability due to the conducted trials with a single sample of people. Our findings indicate that an administration of more than 600 trials is appropriate to obtain a suitable test-retest reliability. We dissuade for administration of lesser trials because of poor test-retest reliability. Further implementations for practical application and standardization of ANS measurement are discussed.